Warum im Blauen Land die Moore wie modelliert wirken und Limone am Gardasee zitronengelb leuchtet

 

(...) Von einer ganz anderen Beschaffenheit ist das Licht im Blauen Land in Oberbayern: ein poetischer Name für eine verwunschen schöne Gegend, und so passend. Blaues Land. Die Gegend um Murnau, südlich von München, mit dem Staffel- und dem Riegsee wird bestimmt durch wechselnde Lichtstimmungen, wie sie die Maler des «Blauen Reiters» liebten und Künstlerinnen und Künstler bis heute suchen. Häufig wirken die Seen und Moore, die Wälder und Wiesen und die Alpenkette im Süden wie modelliert und mit weichem Blau getönt, besonders am Morgen, am Abend und vor allem im Herbst.

Der expressionistische Maler Franz Marc – Lieblingsfarbe Blau – gab der Gegend und der Künstlervereinigung Blauer Reiter die Namen.

Gegründet wurde die Vereinigung zwar in München, gearbeitet haben die Künstler jedoch im Blauen Land: Gabriele Münter und Wassily Kandinsky sowie Franz Marc hoben dort den deutschen Expressionismus aus der Taufe.

Bis heute lockt das Blaue Land Maler und Bildhauer an. Kunst und Natur gehen dort eine scheinbar natürliche Symbiose ein. Rita de Muynck ist eine von diesen Künstlerinnen. Ihre Skulptur «2 Riesen» ist Gabriele Münter und Wassily Kandinsky gewidmet. «Ich arbeite in der expressiven Tradition mitten auf dem Land, wo Kandinsky und seine Schülerinnen ihren ersten Land-Malaufenthalt abhielten», sagt die gebürtige Flämin. «Es ist wahr, was Kandinsky meinte: dass das Licht hier für die Malerei sehr förderlich sei. Denn es hat starke, farbige Schlagschatten und ist sogar an trüben Tagen intensiv. Die expressive Malerei musste geradezu hier entstehen.» (...)

 

Jochen Müssig. Neue Züricher Zeitung. 09.10.2023

Montag, Oktober 9, 2023
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