Rotkäppchen und der böse Wolf

 

Rita de Muynck: „Rotkäppchen und der böse Wolf“

 

Großmutter, warum hast du so ein großes Maul? Die Frage kennt doch jeder – die Antwort auch. Ich habe schon als Kind nichts verstanden. Weshalb ist der Wolf so ehrlich und gibt zu, dass er das Kind fressen wird, und das blöde Rotkäppchen wehrt sich nicht einmal. Da stimmt was nicht, habe ich als Kind gedacht – und heute angesichts der Bilder von Rita de Muynck denke ich es auch. All die Märchen-Freudianer mit vielfältigsten Komplextheorien und gängigen Erklärungsmustern, da werden kleine unschuldige Mädchen vor bösen Männern gewarnt – und rundum rauscht der dunkle deutsche Wald in gehöriger Todesromantik.

 

Im Gespräch erzählt Rita de Muynck mir fast beiläufig, Rotkäppchen sei gar nicht Rotkäppchen. Jedenfalls nicht das, was ich kenne aus Grimms Märchen. Was aber dann?

Rita de Muynck hält sich zurück. Sie interpretiert nicht, sie erklärt nicht, sie psychologisiert nicht, die Betrachtung ihrer Arbeit ersetzt keine Session auf der Couch des Therapeuten. Eigentlich, sagt sie, kann sie gar nicht so viel sagen. Sie male ihre Bilder, sie redet sie nicht herbei. Was andere über ihre Arbeit sagen, findet ihr Interesse, sie versuche auch, sich zu merken, was gesagt oder geschrieben werde. Aber eine Untersuchung gesellschaftlicher Zustände habe sie nicht vor, eine Kritikerin politischer Prozesse, eine Erklärerin ungewisser Weisheiten sei sie gewiss nicht.

Aber da sind doch nun all diese Todesvögel, die Katzen mit dem Vogel im Maul, die Wölfe, da muss doch etwas zu finden sein bei Rita, was dem landläufigen Ansatz entspricht, Kunst, zumal diese überaus gestisch gemalte, vor Farbe strotzende, dem fleischfarbenen Blutrot ausgesetzte, in diesem Rot, in dem jeder Vampir baden möchte: Kunst als Mechanismus von Abwehr zu deklarieren, als Verdrängung. Dann ließe sich ableiten, die Frau hat es aber schwer gehabt, gut, dass sie sich alles weggemalt hat. Ich glaube, jetzt würde Rita de Muynck aufstehen und sagen: Schluss damit! Mich interessiert das unmittelbare Geschehen im Hirn und nicht die Interpretation dessen, was wir mehr oder minder gesteuertes Handeln
nennen.

 

Rita de Muynck malt sich nichts von der Seele. Daraus könnten wir einen Streit zwischen den Anhängern Freuds und jenen von C.G. Jung
entwickeln. Rita de Muynck könnte sich in diesem Streit als Vertreterin des Kollektiv-Unbewussten einordnen, das sie in ihrem Werk zu finden sucht, während sie Freuds persönlichen Ansatz des Unbewussten ablehnt.
Ich lasse die Romanschriftstellerin Barbara Honigmann einen Satz aus einem Interview sagen: „An einen therapeutischen Wert des Schreibens glaube ich nicht. Es ist ja keine Suche nach Wahrheit, kein "Erinnern – Wiederholen – Durcharbeiten", sondern im Gegenteil: eine Inszenierung, Umdichtung, Zerdichtung von Erlebtem und Erfahrenem“ (1). Ich weiß es nicht genau, aber es könnte auf Rita de Muyncks Arbeit passen.

 

Rita de Muynck, so scheint mir, verfügt über einen Abstand zu ihrer Arbeit. Sie gibt wohl zu, dass „Hirnaktivität...auch als Akt der Wundversorgung“ (2) gelten könne, sich eine Künstlerbiographie schon auch ablesen lasse im Bild. Aber: Sie hat kein Problem, wenn sie eines ihrer Bilder nicht erkennt, oder Baselitz folgt, dem die eigene Arbeit schon auch unverständlich erscheinen könne. Sie erscheint mir als eine sezierende Malerin, Bilder werden verifiziert, zugelassen oder abgelehnt. Wenn ihr eine Arbeit als „irgendwie ungut“ erscheint, wird sie von ihr verworfen, bei allem Entsetzen, das sie mit solch fast radikaler Klarheit in ihrer Umgebung auslösen kann. Hier herrscht Wissenschaft. Jedes ihrer Werke ist ein Werk mit eigener Persönlichkeit. Sie schafft es, Bilder, Figuren, Installationen zu schaffen, die eine eigene Identifikation jenseits des Schöpfungsprozesses aufweisen.

 

Gibt esdas Werk hinter dem Werk? Ja, das gibt es. Das klingt merkwürdig inmitten dieser expressiven Bilderwelt, in der die Farben zu fließen scheinen, kraftvoll explosiv nach außen schießen, weit über das Format hinaus, zuweilen aber auch nach unten ausfließend. Michael Brunner beschreibt das im Buch anhand der Arbeit „Ich bunter Vogel“, so als sei alles grandioses Theater (3). Kann schon sein, dass es das auch ist, aber noch ist es für mich Theater hinter dem geschlossenen Vorhang, Den will ich wenigstens anheben. Sie hat mir gesagt, es sei nicht Rotkäppchen. Da gibt es dieses Bild „Wie schön leuchtet der Morgenstern oder Wie Putzi gerettet wurde“. Putzi im Uterus. Oder doch Rotkäppchen, vom Wolf gefressen? Von oben stößt der schwarze Vogel wie ein Düsenjäger durch den blauen Kanal. Links unten das Kind in einer schillernden Blase. Ich glaube, es ist angezogen, wie vorbereitet auf die baldige Ausreise. Glücklich wirkt es nicht, das Kind. Es blickt dem schwarzen Vogel entgegen. Was wird geschehen? Ist das eine Versuchsanordnung, die Rita de Muynck aufgebaut hat? Wohin führt der Sturz?

 

Thomas Zacharias äußert sich dazu, es könne eine Idee sein, sich versuchsweise aus einer sicheren Außensicht in eine unsichere Innensicht zu begeben, so als wolle Rita de Myunck sich fragen, ob denn ihre so sicher erscheinende wissenschaftliche Welt nicht auch gänzlich unsicheres Terrain aufweist (4).

Mir beantwortet es nichts. Vertreibt der Vogel das Kind? Ist das ein böser Vogel, nur weil er schwarz ist und keine weiße Taube? Der blaue Farbstrang, fast mittig platziert, ein Kanal, die Blase der Uterus, der Kanal der Geburtsweg, das Rote links und rechts das Fleisch des Mutterleibs? Rot ist das Leben und Schwarz ist der Tod und im neuen Buch lese ich auch einmal vom „Blauen Über-Ich“? Nun ja. Der Satz, sie schaffe auch Kunst, die, oftmals nicht ohne Humor, die Gegenwart reflektiert, gefällt mir viel besser (5).

 

Trotzdem: Was ist da los? Ich merke, dass Rita de Muynck wohl über dieses Bild spricht, die Nummer 4 unserer Ausstellungsliste, sie erklärt aber nichts. Es fällt das Wort von der Geburt, auch von der Wiedergeburt, es könne ein kurzer zeitlicher Ausschnitt aus einem längeren Geschehen sein, der zu sehen ist. Das sei nichts Ausgedachtes. Das sei real. Das Wort höre ich einige Male bei ihr. Real, Realität, das klingt immer so cool, dabei ist sie es gar nicht. Sie fühlt tief emotional, sie lässt sich aufwühlen, sie mag keine Ungerechtigkeit, sie sagt, dass sie aus inneren Brüchen und Krisen schöpft. Nur: sie ästhetisiert nicht ihre Befindlichkeiten, sie konstruiert aus ihrem Unwohlsein oder ihrer Unzufriedenheit keinen Überbau, keine
Schublade.

Ich meine eher, sie materialisiert, gibt Gedachtem einen Inhalt, eine Realität, die existiert, weil sie von ihr gedacht ist und nicht, weil der gesellschaftliche Konsens sich auf das Vorhandensein vermeintlicher Realitäten geeinigt hat – meistens jedenfalls, solange es sich nicht um Politik handelt. Das Bild ist Realität. Das Unaussprechliche ist Realität. Die Tag- und Nachtzeichnungen sind Realität. Banal gesagt, das ist ihr Archiv, ihr Vorrat, ihre Quelle, ihre Sammlung. Zunächst muss nichts weiter daraus werden, aber man sieht es in dieser Ausstellung, viele Figurationen, Anordnungen und Erscheinungen, die tauchen auch in den großen Arbeiten auf.

 

Rita de Muynck ist nämlich ihr eigenes Netzwerk. Ein Gesamtkunstwerk wie ein gut arbeitendes Hirn, in dem die Botschaften im neuronalen Netz
hin und her blitzen, andocken, sich abkoppeln und gespeichert sind. Für immer, sagt Rita De Muynck. Alles wird archiviert. Leider ist der Mensch nicht so konstruiert, dass er alles abrufen kann, es ist aber alles da.

 

Die Tages- und Nachtzeichnungen gibt es seit 1999. Ich glaube, sie will archivieren. Ein Bild, das seinen Speicher im Hirn kurz verlässt, sich sichtbar macht, obwohl man schläft, und wieder an seinen ursprünglichen Verwahrungsort irgendwo in einer Region des Hirns abgelagert wird. Solche abgelagerten Bilder will sie sichern. Man weiß doch nicht, ob der Traum ein zweites Mal erscheint. Aber man muss sich auch gewiss sein, dass der Traum einen realen Wert hat, gesammelt zu werden, dass es sich lohnt. Sie sagt: Ja es lohnt sich.

 

Seit 1999 also, unmittelbar nach dem Aufwachen. Die Arbeitsutensilien stehen bereit. Es gibt keine Überlegung, keine Interpretation, es bleibt die reale Übertragung des Traums auf das Papier. Zuerst rahmt sie den Traum mit einem schwarzen Rand. Der Traum wird eingefangen. Dann beginnt sie an einer Stelle zu arbeiten, nicht immer im logisch zeichnerischen Fortgang, der sich zentral von einer Stelle über das Papier verbreitet,
sondern hier ein Strich, da eine Vervollständigung, dort bleibt es weiß. Worte, die sie geträumt hat, werden hinzugefügt. Und das Datum. Manchmal gibt es zwei Zeichnungen an einem Tag, dann gab es eben zwei Träume. Wenn die Zeichnung fertig ist, war auch der Traum fertig. Die Farben sind Teil des Traums, nicht Teil der Umsetzung auf dem Papier.

 

Wenn Rita de Muynck in ihrer Malerei einen Abstand zu ihren Arbeiten sieht, dann ist in diesen Zeichnungen das Gegenteil der Fall. Es gibt ergänzend Tagebucheinträge: Kann man einen Witz träumen, fragt sie sich. Man kann. Ihrer geht so. Sie ist nass geworden und nun
hängen alle ihre Körperteile, schön aufgereiht, einer nach dem anderen, an der Wäscheleine: „Ich nass geworden“, heißt die zugehörige Arbeit, aus einem Traum geboren.
Zeichnungen in einem Stadium, da der Tag noch nichts fordert, da alles unberührt erscheint, auch eine Ruhe vor dem Sturm vielleicht. Man könne annehmen, dass sie mit diesen Zeichnungen in der Lage sei, die frühere wissenschaftliche Professionalität zu vergessen und ihren eigenen Ängsten, Widersprüchen, Kuriositäten zu begegnen, bemerkt Thomas Zacharias. Mir ist das schon wieder zu therapeutisch, zu freudianisch (6).

Ich folge dem nicht.

Ich denke, es kommt ihr darauf an, den Traum genau abzubilden, die zugehörigen Worte zu archivieren, nicht mehr und nicht weniger. Sie bedauert, dass die Musik, die sie im Traum hört, hier fehlt. Zu der Arbeit vom 24. Februar 2008 notiert sie im Tagebuch: „Hab geträumt, dass eine Riesenflutwelle über mir zusammenbricht in einem Zimmer und ich höre gleichzeitig die Welle als Musikstück. Klavier und grüne Riesenflutwelle. Schaurig schön.“
Stimmt.

 

Überhaupt. Rita de Muynck und die Musik. Zu ihrem Gesamtkunstwerk gehört sie dazu. Sie spricht über Synästhesien. Es geht um Reize, die gleichzeitig erlebt werden können, obwohl sie eigentlich in unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen des Hirns erlebt werden. Eine bestimmte Farbe kann einen Ton erzeugen, ist ein bekannteres Beispiel. Nur, das Großhirn unterdrückt diese Fähigkeit, aber wenn man Rita de Muynck folgt, ist die Fähigkeit da. Sie hat das untersucht, indem sie Probanden innerhalb eines Trancezustandes Musik hören ließ und anschließend, weil sich die Probanden an die Musik erinnerten, diese Erinnerung der Musik in Kunst umsetzten. Erst Traum, nun Trance. Das kann man erlernen.
Oder, im Sinne Rita de Muyncks, man findet eine archaische Funktion des Hirns wieder. So wie auch die Trance.

 

Rita De Muynck und die Trance. Das Mittel, sich zu vergewissern, dass alles gespeichert ist. Dass nichts verloren, vergessen ist. Nur ungenau ablegt, nicht ordentlich katalogisiert. Das Großhirn schränkt uns, wohl aus gut gemeinten evolutionären Gründen, mächtig ein, und nicht alles was wir wissen sollten, wissen wir noch. Rita de Muynck findet die Fähigkeit, sich in Trance zu versetzen, sehr praktisch. Das ist typisch. Ich will etwas wissen über Malerei in einem Trance-Zustand, sie erzählt mir aber, dass man sich so daran erinnern kann, wo man den Hausschlüssel hingelegt hat. So erdet sie auch gleich einmal den Laudator. Die Trance ist eine Urfähigkeit des Menschen. Rita de Muynck verfügt über eine eigene Technik, sich in solch einen Zustand zu versetzen, ebenso, wie sich daraus zu lösen, mit Hilfe zeitlicher Vorgaben. Ihr dient die Trance zur Bildfindung und zur Ausgestaltung des gefundenen Entwurfs. Sie sagt nicht „Bilderfindung“, denn in der Trance entsteht nichts gänzlich Neues. „Bildfindung“ meint Entdeckung von Vorhandenem. Wiederfinden als Begegnung mit eigentlich guten alten Bekannten. Menschen, denen das Großhirn noch nicht alle Bindungen an eine immerwährende gleiche Welt gekappt hat, begegnen in der Trance guten, alten Bekannten, ihren Vorfahren. Diese Begegnungen werden als real erlebt. Die Vorfahren werden nicht irgendwo weit draußen verbuddelt, sie bleiben in der Hütte, im Dorf, in der Gemeinschaft, in einem anderen Aggregatzustand, sind aber immer da. Man redet mit ihnen, man befragt sie. Diese Bindungen werden nicht in Frage gestellt. Wir bestaunen solche Fähigkeiten, katalogisieren sie unter Naturreligion, Schamanismus, Stammesritus, Voodoo-Zauber, bestenfalls ganz interessant, in jedem Fall aber rückständig, typisch für die Welt, die wir, frecherweise, die „Dritte“ nennen. Dabei geschieht hier nur etwas – ja – völlig Normales.

 

Das Hirn denkt darüber nach, wie es denkt. Das Hirn ist ein Hirn ist ein Hirn. Daraus schöpft Rita de Muynck ihre Kunst. Nein, falsch. Daraus schöpft sie ihr Gesamtkunstwerk. Das ist ja heute in diesen Räumen zu betrachten, dann aber ab 17. Juli auch in der Überlinger Städtischen Galerie zum Faulen Pelz. Rita de Muynck und die Kunst des Archaischen. Objekte aus 7000 Jahren, geschaffen, um sich in Trancezuständen kultischen Handlungen hinzugeben, die Vorfahren zu rufen, zu singen, zu reden, zu malen, nicht anders als Rita de Muynck es heute tut. Ihre
modernen Arbeiten sind Zeugnisse archaischer Erfahrungen, nicht anders als die Objekte der Sammlung, die sie mit ihrem Partner Rüdiger Ullrich aufgebaut hat. Es sind nur Zeitebenen, die sich überlagern.

 

Archaische Arbeiten von vor 7000 Jahren und von heute. Archaische Erzählungen. So wie die Märchen. Märchen sind archaischen Ursprungs. Rotkäppchen ist archaisch. Novalis sprach vom Märchen als „Traumbild“, nannte es eine „prophetische Darstellung“. Der Literaturwissenschaftler Volkmar Hansen spricht von magischen Motiven an mythischen Orten (7). Der Italiener Anselmo Calvetti verlegt den Mythos des Rotkapps in die Frühgeschichte der Menschheit. Es sei ein Initiationsritus. Während einer kultischen Handlung, womöglich in Trance, erlebt der Initiand, dass er verletzt, zerrissen, gefressen wird. Durch eine folgende Zusammenfügung, eine Erneuerung erfolgt die Neuaufnahme in die soziale Gemeinschaft
(8). Solche Zerrissenheit zeigt sie auch in der Arbeit „Ich nass geworden“. Solche Vorstellungen gibt es bei den Indianern Nordamerikas, wo die Figur des Wolfes eine wichtige Funktion einnimmt. Die Großmutter, meint Rita de Muynck, wird auch zerrissen, um sich zu erneuern. Die Großmutter, die große Mutter, Pacha Mama, Erdmutter. Darum gehe es beim Märchen von Rotkäppchen ganz im Sinn von Anselmo Calvetti. Mit romantischem
Kleinmädchenschicksal hat das nichts zu tun. Aber vielleicht mit einem Kreislauf der Natur.

 

Mit Auferstehung. Mit Wiedergeburt. Rückblicke in einen Seelenraum. Bildfindung in einer tiefen Region des Hirns, würde Rita de Muynck wohl sagen. Deshalb ist Rotkäppchen nicht Rotkäppchen. Rita de Muynck verwendet die verniedlichend-romantisierende Namensgebung, die ein kleines, unschuldiges, sanftes Kind signalisieren soll, ohnehin nicht. Bei ihr heißt die Figur „Rotkapp“. Mein Schlüsselwerk in dieser Ausstellung trägt den Titel „GroßeMutterWolfRotkapp“, Nummer 13 der Exponatenliste. Darin vereinigen sich ihre Vorstellungen, ihre Ansprüche an
die eigene Arbeit, ihre Methodik, die Synästhesien, die Trance, die Wölfe, die Vögel, das Rotkapp, die Märchen, das Archaische, das Sakrale, das Kultische. Alles.

 

Zusammenfassend:
1. Das ist keine programmatische Malerei. Den erinnerten Motiven fehlt jede moralisierende Tendenz.
2. De Muyncks Gesamtkunstwerk erschließt sich erst aus dem Besuch beider Ausstellungen, dieser bei Walz Kunsthandel und der kommenden in der Überlinger Galerie „Zum Faulen Pelz“.
3. Da Rita de Muynck keine Programme verkündet, keine Botschaft sendet und keine Moral anbietet, bleiben die Erklärungsansätze für das Gesamtkunstwerk vielschichtig. Da hilft das Buch des Hirmer-Verlages, das heute vorgestellt wird.
Was von Rotkäppchen, Wölfen und anderen Kreaturen erzählt wird, ist eine Schau in die Urgeschichte der Menschheit. Zugleich aber auch ein Blick in sich selbst. Nicht im Sinne von Rückwärts-Vorwärts, sondern im Sinne von „Gleichzeitig“. Das Sakrale der Urzeit, das Kultische der Vergangenheit wird zeitgenössisch erinnert in den Traum- und Trance-Sequenzen (9).
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

Referenzen
(1) Interview mit Barbara Honigmann in „ZEIT-Online“ mit Stefan Miersch am 27. 10. 2011
(2) Andrea C. Theil (Hg.): Rita de Muynck. Under the Skin, Hirmer Verlag München S. 70
(3) Andrea C. Theil (Hg.): Rita de Muynck. Under the Skin, s.o., S. 42
(4) Andrea C. Theil (Hg.): Rita de Muynck. Under the Skin, s.o., S. 88
(5) Text aus dem Ausstellungsflyer der Stadt Überlingen
(6) Andrea C. Theil (Hg.): Rita de Muynck. Under the Skin, s.o.,S. 82
(7) Interview mit Volkmar Hansen in der TV- Sendung „Planet Wissen: Die Romantik - Epoche der Sehnsucht“, 21.01.2008
(8) Vgl. Urs Mehlin: In welchem Wald wohnt Rotkäppchchens Wolf? Vortrag bei der Schweizerischen Gesellschaft für Analytische Psychologie. Zürich, 10. Mai 2009
(9) Andrea C. Theil (Hg.): Rita de Muynck. Under the Skin, s.o., S. 32

Kontakt: Thomas Warndorf, info@thomaswarndorf.com, www.thomaswarndorf.com

 

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